Buchvorstellung

09.05.2025
19:00h

Suse Fischer: Strömungen

Die fotografische Serie Strömungen friert Bewegungen und Wasser ein. Aber nicht für die Ewigkeit. Einige der Bilder zeugen von Kälte, die Gänsehaut wird von Schlamm umspielt. Das Wasser wird nicht zu Eis. Es bildet eine neue Oberfläche, die den Bewegungen einen Rahmen gibt und selbst bewegt bleibt, in Strömungen nämlich. Was an und unter diesen mal mehr, mal weniger durchlässigen Oberflächen des Wasserspiegels passiert, wird selbst zum Sujet. Das Wasser gerinnt, sein Fluss, seine Wellen, sein Schmutz werden festgehalten.

Das Wasser schmeichelt den Leibern nicht, es umspielt und umhüllt sie.

Es gibt sie zwar einem Blick preis.

Er fällt aber gebrochen auf sie und erfasst sie nie ganz. Er ist nicht mächtig und brutal, sondern fast ebenso sanft, wie er sachlich ist. Der Blick muss sich bescheiden mit dem, was die aufgenommenen Sujets zeigen wollen und was den Weg durch die Trübungen und Brechungen in die Linse fand. Preisgeben heißt hier nicht Ausliefern. Die Brüste, die Schenkel, der Unterleib bleiben vom Wasser bedeckt und geschützt. Die Körper werden nicht entblößt, den Blicken bietet sich hier und da – fast zufällig, mal zart, mal brachial – eine Ferse, ein Bauch, ein Knie an. Die Frauen* zeigen einen Bruchteil ihrer ungeschönten Leiber, die immer auch verborgen bleiben, nicht greifbar. Sie gewähren Blicke, aber keinen Zugriff.

Durch das dunkle Wasser leuchtet die Sonne und wirft wilde Muster auf Rücken und Ellenbogen, die versenkt erst Form anzunehmen scheinen und um die sich Licht, Haare und Wasser gleichermaßen kräuseln. Der Morast, der Schlamm, die Schlieren, die trüben Wasserschichten und kalten Ströme bleiben auch im Windspiel an der Oberfläche präsent. Darunter lauert das Trübe.

Die Erinnerung vergangener Sommertage, in den Schwarzweiß- und Farbfotografien stillgestellt präsent gehalten, ist diesen Strömungen nah und fern. Vertraut und nah im buchstäblichen

Sinn, die Kamera berührt fast die Taille, wirken einige Aufnahmen doch aus der Zeit gefallen. Gespenstische Bewegungen und Strömungen durchziehen die Bilder wie in Langzeitbeleuchtung und das Wasser wird zur Unterwelt.

Nicht nur vom einfallenden Licht, sondern auch durch Spritzer und Schläge werden die trüben Gewässer durch die abgebildeten Frauen* durchbrochen.

Sie sind zugleich im Wasser und außer- halb von ihm, über und unterhalb des Wasserspiegels. Die Oberfläche wird durchstoßen, das Wasser aufgewirbelt.

Die Frauen* verbergen sich in den Strömungen, die sie bewirken.

Sie durchbrechen die Oberflächen. Sie tauchen auf.

Lea Fink