Miron Zownir
24.07.2021 –
17.10.2021
london seven eight
Benjamin Moldenhauer im Neuen Deutschland über die Ausstellung.
Miron Zownirs London ist seltsam und dunkel, aber keinesfalls bösartig. 1978 und 80 scheinen seine Menschen noch Zeit und Raum zu haben, jenseits des Primats der Lohnarbeit. Es ist bevölkert von behäbigen alten Leuten, Berbern, allerlei Auswanderern und Punks. Die Stadt hat noch ausreichend Platz für sie alle. Der Raum, den Zownir in seinen Bildern eingefangen hat, ist großzügig und weit. Die Personen, die dem jungen Fotografen zustoßen, scheinen so ganz auf ihren Liegewiesen und Friedhofsbänken, in Hinterhöfen und Cafés aufgehoben zu sein. Die aufkommende Finsternis in diesen Weiten scheint so, als befänden wir uns auf der Schwelle zu Thatchers neoliberalem Großbrittanien.
Diese 51 schwarzweißen Fotografien gehören zum frühesten Werk dieses Fotografen, der in späteren Jahrzehnten für seine ausgeprägte Empfindsamkeit gegenüber den Menschen, die an den Rändern der Gesellschaften in Berlin, New York, Moskau, Kiew und Bukarest leben, noch berühmt werden sollte. Die Geschichte wird stets von den Gewinnern geschrieben und es sind ihre Porträts, die sie als Reklame für ihre Welt mit sich führen. Zownir stößt seinen Figuren mit seiner Kamera zu, aber er ist es auch, der ihr Abbild errettet.
Mona Mur: Those Days Are Over
Spoken Word Performance mit Gedichten von Miron Zownir | 21 Uhr
Text von Nico Anfuso, leicht gekürzt
„Those Days Are Over“ ist die Zusammenarbeit zweier Berliner Künstler. Mona Mur und Miron Zownir sind Gleichgesinnte.
Mona Mur, deren internationale musikalische Karriere Anfang der 80er begann, schuf mit der Vertonung von Miron Zownirs englischsprachigen Gedichten einen absorbierenden, geheimnisvollen Klangkosmos, in dem sie die eigenwillige Ausdruckskraft des Dichters mit ihrer unverkennbaren Stimme und musikalischen Kompositionen in kraftvoller Melancholie und provozierender Wildheit verschmelzen lässt.
Die 15 Gedichte des Fotografen, Schriftsteller und Filmemachers Miron Zownir, dem Stanley Kubriks Drehbuchautor Terry Southern den Beinamen „Poet of Radical Photography“ verlieh, verwandelt Mona Mur in variationsreiche Poetronica, die innere und äußere Welten offenbart und selbstbewusst den durchaus zynischen Blickwinkel eines abstandhaltenden Außenseiters einnimmt, der unseren oberflächlichen Zeitgeist enttarnt.
Unterstützt von der Stiftung Kunstfonds aus Mitteln des Bundesprogramms Neustart Kultur.