Wolfgang Müller
21.01.2017 –
10.02.2017
Die Stare von Hjertøya singen Kurt Schwitters
Anfang der 20er Jahre schuf der Dada-Künstler Kurt Schwitters mit der "Ursonate" das wohl berühmteste dadaistische Lautgedicht. Über 70 Jahre später reist der Berliner Konzept-Künstler, Vogel-Liebhaber und Schwitters-Enthusiast Wolfgang Müller auf die norwegische Insel Hjertøya. Eigentlich will er die Hütte fotografieren, in der Schwitters seit 1932 seine Sommer verbrachte. Während der Dokumentation der Überreste von Schwitters Kunstobjekten innerhalb des Häuschens macht Müller allerdings eine überaus kuriose Entdeckung: Die Stare von Hjertøya zwitschern nicht einfach nur fröhlich vor sich hin. Vielmehr erkennt der Künstler im Gesang der Vögel eine Imitation von Schwitters‘ Ursonate. Die Aufnahmen dieser Starengesänge stellt Müller im Jahr 2000 zusammen mit den Fotografien von Schwitters‘ Hjertøya-Merzbau in der Berliner Galerie „Katze 5“ aus.
Eine absurde Wendung bringt ein Schreiben der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs GmbH, die den Nachlass des Dada-Künstlers verwaltet. Der Verlag vermutet in den von Müller aufgenommenen Vogelstimmen eine Urheberrechtsverletzung. Müllers Hinweis auf die Schwierigkeit, die betroffenen Stare zum Einstellen der Rezitation des urheberrechtlich geschützten Klangmaterials zu überzeugen, führt schließlich zu einem bemerkenswerten Urteil des Max-Planck-Instituts für Geistiges Eigentum: Da es sich bei den Aufnahmen um Naturgeräusche handelt, liegt hier keineswegs eine Urheberrechtsverletzung vor. Von juristischer Seite steht der Ausstellung sowie der weiteren freien Rezitation der Ursonate durch die folgenden Starengenerationen auf Hjertøya nichts mehr im Wege.