Michaela Melián
Michaela Melián (* 1956, München) ist Künstlerin und Musikerin. Sie ist Mitgründerin der Band F.S.K. und war bis 2023 Professorin für zeitbezogene Medien an der Hochschule für bildende Künste (HfbK) in Hamburg. Typisch für Meliáns Arbeiten ist die Verbindung von Kunstobjekten mit Klang. Gleichzeitig spielt die Auseinandersetzung mit Geschichte und Nachleben des Nationalsozialismus in ihrem Werk eine zentrale Rolle. In ihrem Hörspiel Föhrenwald (2005) setzte sie sich mit dem dort ansässigen Konzentrationslager auseinander, in Memoryloops (2008) schaffte sie einen virtuellen und soundbasierten Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus in München. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Hörspielpreis der Kriegsblinden (2005), dem Grimme-Online-Award-Spezial (2012), dem Edwin-Scharff-Preis (2018) und dem Rolandpreis für Kunst im öffentlichen Raum (2018).
Arbeiten
Ulrichsschuppen
Das Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager in den ehemaligen Ulrichsschuppen am Bremer Getreide- und Fabrikenhafen ist eines von mehreren Hundert Lagern, die während des Krieges in Bremen eingerichtet wurden, um ausländische Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeiter aus den von Deutschland besetzten Ländern zu internieren. Ihre exakte Zahl ist daher kaum zu ermitteln. Schätzungen gehen von bis zu 75.000 Menschen aus, darunter auch Kriegsgefangene und KZ Flüchtlinge, die in Bremer Betrieben Zwangsarbeit leisten mussten.
Ab 1942 bis 1944 wurden auch die damaligen Ulrichsschuppen 9 und 10 als Internierungslager für französische Kriegsgefangene genutzt. Sie waren zuvor auf der Admiral Brommy untergebracht, einem ehemaligen amerikanischen Frachter im Getreide- und Fabrikhafen. Das Schiff, das seit 1928 als Ausbildungsschiff des Norddeutschen Lloyds gedient hatte, war 1940 zum Lager für die Gefangenen umgebaut worden. Aufgrund unhaltbarer Zustände, gegen die das Rote Kreuz mehrfach intervenierte, wurden die Insas- sen nun in die Schuppen verlegt. Später kamen auch sowjetische Zwangsarbeiter hinzu. Die Liste weist für den Ort 983 Gefangene aus. Beide Schuppen gehörten zu einem Ensemble von 21 Schuppen, die in den Jahren 1912/13 und dann in den 20er Jahren im Bereich Revaler Straße, Memeler Straße und am Fabrikufer erbaut und von der damaligen Spedition P. H. Ulrichs betrieben wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Internierungslager in Vergessenheit und wurde wieder als Schuppen genutzt. Im Jahr 1989 wurden dort nach Hinweisen eines ehemaligen sowjetischen Zwangsarbeiters Wandmalereien französischer Kriegsgefangener entdeckt, die vermutlich 1942/43 entstanden sind. Verschiedene Malstile weisen auf die Beteiligung mehrere Gefangene hin. Die 13 Wandgemälde wurden geborgen und sind nun in verschiedenen Einrichtungen, darunter dem Bremer Staatsarchiv, dem Landesamt für Denkmalschutz und dem Hafenmuseum im Speicher XI, ausgestellt.
2018 erwarb die Hafenbetriebsgesellschaft J. Müller AG, Brake, die Schuppen, deren Abriss im Februar 2019 erfolgte. Heute sind dort Container gelagert. Mit den Ulrichsschuppen verschwand einer der letzten Orte, der an Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs in Bremen erinnert. Im Zuge des Abrisses stellte die Firma das Eckgrundstück Memeler/Revaler Straße an originaler Stelle für einen Erinnerungsort zur Verfügung.
Auf dieser Fläche entstand das Kunstwerk der Rolandpreisträgerin 2018 Michaela Melián. Die Künstlerin hat die Fassade des Schuppens auf dem Grundstück wiederhergestellt, allerdings nicht vertikal, sondern horizontal gekippt. Die Fassade markiert den verschwundenen Ort und erinnert gleichzeitig an die vielen Kriegsgefangenen und Verschleppten aus ganz Europa, die in den bremischen Häfen Zwangsarbeit leisten mussten. Um den Gedenkort herum ragen die Containertürme in den Himmel und bilden zur flach auf dem Boden liegenden Fassade einen sinnfälligen Kontrast.
Parallel entstand eine Serie von Nähmaschinenzeichnungen, die sich auf die ehemaligen Zwangsarbeiterschuppen bezieht. Die Künstlerin rekonstruiert hier in leichten, klaren Fadenlinien die Umrisse der inzwischen abgerissenen Bauten. Melián bediente sich dieser Technik bereits in früheren Arbeiten. So etwa in Triangel (2003), in der sie eine Fahrt durch die Lüneburger Heide mit ihren Feldern, Straßen und Gebäuden, darunter auch die Gedenkstätte Bergen-Belsen zeigt.
Filmlink:
Beatrix Schwehm: Gedenkort Lager Ulrichsschuppen
Medienlinks:
Benjamin Moldenhauer im Deutschlandfunk: Wie klingt deutsche Vergangenheit?
Thorsten Jantschek im Deutschlandfunk: Gedenken an den Holocaust. Wie Michaela Melián Gedenkorte schafft
Mira Anneli Nass in der jungle world: Die Stadt als Träger
Lotta Drügemöller in der taz: Einer von über 200 Orten
Benno Schirrmeister im Gespräch mit Michaela Melián in der taz: "Erinnern kann man nicht einfordern".
Rolf Stein in der Kreiszeitung: Gedenkort soll an Internierung und Zwangsarbeit erinnern
Marianne Straub bei buten un binnen: Bremen hat jetzt einen neuen Gedenkort - und zwar im Hafen in Walle
Anne Gerlin im Weser-Kurier: Mahnmal beim Holzhafen soll an Zwangsarbeit erinnern
Die Serie Studio rekurriert auf das historische Siemens-Studio für elektronische Musik, das mit seiner Eröffnung in München im Jahr 1956 zu den wichtigsten Tonstudios in Deutschland zählte.
Aufgrund seiner einzigartigen Geräte – Unikate, die aus kriegstech- nologischer Ausrüstung entwickelt wurden – gilt es als Design- und mediengeschichtlich relevanter Ort der Entwicklung elektronischer Musik als Frühform digitaler Kultur.
1966 wurde das Studio der Filmabteilung unter Alexander Kluge und Edgar Reitz an der Hochschule für Gestaltung in Ulm übergeben und diente wegen seiner futuristisch anmutenden Ausstattung als Kulisse für Kluges Science-Fiction-Filme. 1968 wurde die Studiotechnik ein- gelagert und erst 1992 von Josef Anton Riedel wiederentdeckt. Seit 1993 ist das Tonstudio im Deutschen Museum in München betriebs- bereit aufgebaut.
In den Papierarbeiten der Serie setzt Melián die historischen, elektro- akustischen Geräte des Tonstudios ins Bild. Wie digitale Landschaften wirken die fotografisch erfassten Detailaufnahmen von Mischpulten, Synthesizern und aufnahmetechnischem Gerät.
Durch die Technik des Übernähens mit Fäden und das Durchstoßen des Papiers mittels Nähmaschine erzeugt Melián eine Art Lochkarte in maschineller écriture automatique, die die Studiolandschaften in flirrend-flimmernde Vibration versetzt. Die Fäden legen sich wie ein Schleier über das Bild der Studiolandschaft und verweben Topografie, musikalische Spur, Erinnerung und verschiedene Zeitschichten mit- einander.
Jochen Bonz
Die Funktion des Schleiers. Zur Konstitution eines Bedeutungs- zusammenhangs in einem Kunstwerk Michaela Meliáns
Erschienen in: RISS: Zeitschrift für Psychoanalyse: Freud–Lacan, Heft 52, Wien: Turia + Kant, 2001
Besteht die Möglichkeit, eine Aussage zu machen und zugleich deren Bedingtheit mit anzusprechen? Lässt sich Kontingenz aus- sprechen? Zwar nicht das Gesagte infrage stellen, aber doch da- rauf hinweisen, dass es auf einer notwendigen Setzung beruht: in einem Rahmen spielt? Oder, wie kann in einer Situation, die durch- drungen ist von dem Gefühl, die Welt sei lediglich eine Konstruktion, Bedeutung überhaupt entstehen? Fragen, wie sie vielleicht wenig explizit gestellt werden, aber dennoch die gegenwärtige Kunstproduktion durchziehen. Überall stößt man auf Versuche, Diskurse zu hinterfragen und zugleich Signifikanz herzustellen. So auch bei der Künstlerin Michaela Melián. Ihre im Frühsommer 2001 im Rahmen der Ausstellung zum Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen in der dortigen Kunsthalle gezeigte Installation Life as a Woman führt den Phallus vor: zeigt den das Feld ordnenden, eine Perspektive errichtenden, Bedeutung schaffenden Signifikanten – und nutzt dessen Wirksamkeit.
Ein Raum in einer Kunstausstellung: In der Mitte steht ein ca. drei Meter langes, mit hellbeigem Seidentaft bekleidetes Holzgerüst, das man wegen seiner länglichen Form und der charakteristischen Wölbung oben in der Mitte sofort als U-Boot erkennt. Dahinter läuft an der Wand blau auf weiß und auf Brusthöhe ein Streifen entlang, wie eine Bordüre, bei dem es sich um zwei abwechselnd nebeneinander gestempelte Bilder handelt. Sie zeigen den Oberkörper einer Frau beim Auftauchen aus Wasser und dieselbe Frau in anderer Pose. Der Kontrastreichtum der auf weiß und blau reduzierten Bilder sowie Bekleidungsstil und Gestus der Frau und die Tatsache, dass die beiden Fotos abwechselnd immer wiederkehrend an drei Seiten rund um den Raum an der Wand entlang- laufen, lassen an Film denken.
An die 1920er Jahre und Stummfilm. Der »Film« mündet in das dritte Element der Installation: Eine ebenfalls aus leichtem Stoff bestehende Kabine mit einem Grundriss von vielleicht einen Meter fünfzig auf zwei Meter und vom Boden bis ca. drei Meter hoch reichend. Auf den wieder hellbeigen Stoff wird von Innen die Pro- jektion eines Frauenkopfs geworfen. Er lässt sich leicht als Kopf des Filmes erkennen. Beide, Film und Kopfprojektion, treffen sich auf einer Höhe. Der Kopf wandert über den Stoff der Kabine und erscheint an manchen Stellen voller als an anderen: dann besitzt er Farbigkeit und scheint in seiner ansonsten flüchtigen Bewegung einen Augenblick stillzustehen. Die Kabine ist zu betreten, in ihr findet sich ein Diaprojektor als Quelle der Projektion; er wirft das Bild durch ein sich drehendes Prisma. Von Innen ist die Wirkung der Projektion noch stärker. Die Installation hat den Titel Life as a Woman und ist von Michaela Melián. Das vierte oder neben dem Titel fünfte Element der Installation ist der folgende Text. Er fin- det sich auf einem, im Stil von Werkinterpretationen, wie es sie in manchen Museen gibt, gehaltenen, auf dem Boden liegenden Blätterstapel.
LIFE AS A WOMAN
Hedy Lamarr, bürgerlich Hedwig Kiesler, wird am 9. November 1914 in Wien geboren. 1933 simuliert sie für den Spielfilm Eksta- se den ersten Orgasmus der Kinogeschichte und badet in einer weiteren Szene unbekleidet in einem Waldsee. 1933–1937 Ehe mit dem österreichischen Munitionsfabrikanten Fritz Mandl. Ausreise in die USA.
Von MGM’s Louis B. Mayer wird Hedy Lamarr als die schönste Frau der Welt gepriesen. Bereits in ihrem ersten Hollywood-Film etabliert sie einen neuen Frauentyp im US- amerikanischen Kino: die exotische Dunkelhaarige, die enigmatische Fremde. In der Salz- burger Villa ihres Ex-Gatten hatte die Emigrantin Einblick in die Planungen zu ferngesteuerten Torpedos gehabt, die nicht realisiert wurden, weil sich die Steuerung über Funk als zu störanfällig erwies. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs arbeitet sie an praktischen Ideen zur wirksamen Bekämpfung des Hitler-Regimes. Auf einer Party in Hollywood trifft Hedy Lamarr den Avantgarde- und Filmmusik- Komponisten George Antheil. Die entscheidende Idee zur Umsetzung ihres Torpedolenksystems kommt der Schau- spielerin beim gemeinsamen Klavierspiel mit dem Komponisten. Antheil legt das System auf 88 Frequenzen an, was der Anzahl der Tasten auf dem Klavier entspricht, und er greift bei der Konstruktion auf Lochstreifen zurück, wie er sie bei seinem Ballet Mécanique für das automatische Klavier verwendet hat.
Im Dezember 1940 wird die von Lamarr und Antheil entwickelte Frequenzsprungvorrichtung dem National Inventors Council zugesandt. Das Patent wird am 11. August 1942 gewährt. Seine Nutzung überlassen die beiden Erfinder dem US-amerikanischen Militär. Tatsächlich verschwindet das Secret Communication System von Lamarr und Antheil in den Schubladen der U.S. Army. Erst 1962, während der Kuba-Krise, kommt es zu einem ersten Einsatz ihrer Technik, die nunmehr als Frequency Hopping bezeichnet wird. Dieses dient dabei allerdings nicht zur Fernsteuerung von Torpedos, sondern zur abhörsicheren Kommunikation zwischen den an der Seeblockade beteiligten Schiffen. Woraufhin die Prinzipien des Patents zu einer absoluten Grundlage in der Kommunikations- technologie der US-amerikanischen Militärs werden. Heute bildet diese Technik nicht nur den Ausgangspunkt für das militärische Satellitenabwehrsystem der USA, sondern findet auch im zivilen Bereich, vor allem bei Schnurlos- und Mobiltelefonen, großflächig Verwendung.
Ein Eindruck von Hedy Lamarrs Leben ist etwas, das sich mittels der Installation herstellen lässt. Aber zu diesem Zweck hätte es auch gereicht, lediglich diesen kurzen biografischen Text auszustellen. Der Raum der Installation, dieses durch die im wesentlichen drei Elemente (U- Boot, Film, Projektion) entstehende Feld,
scheint viel weiter zu sein, wesentlich größer. In ihm lässt sich die Geschichte Lamarrs situieren, aber sein Gehalt an Konnota- tionen geht nicht in dieser auf, sondern bleibt um sie herum und neben ihr bestehen. Der Raum von Life as a Woman verlangt nach mehr: allgemeineren und grundsätzlicheren Fragen. Mein Ansatzpunkt zur näheren Bestimmung des Raumes ist die Phallizität des U-Boots. Mit ihr ist das Paradox verbunden, als Phallus wirksam zu sein und sich zugleich auch als Wirkung des bloßen Scheins offen- zulegen.
Ich stehe in dem Raum, der sich durch die an diesem Ort versam- melten Elemente herstellt, und bin mir darüber im Klaren, dass sich der Raum von dem U-Boot her entwirft: von ihm als dem Si- gnifikanten aus sehe ich wie am Horizont – als seien es zur Ruhe gekommene Wellen – den Strich der Film-Kette der beiden Frau- enbilder. Das U-Boot weist mit seiner Schnauze auf die Projek- tionskabine hin; an dem Punkt, in dem seine Verlängerung auf den Film der Bilder träfe, befindet sie sich. So gesehen ergeben zwei Seiten des »Filmes« zusammen mit dem Boot ein Dreieck, dessen einer Punkt sich am Ort der Projektion des Frauenkopfes befin- det. Aber wie der konnotative Raum, den das Kunstwerk eröffnet, über die Lebensgeschichte hinaus weist (von der es zweifellos auch handelt), verlässt auch der Film, im Rücken des Bootes an einer weiteren Wand entlangführend, das Dreieck. Der Film be- sitzt demnach immer in dem jeweiligen Zusammenhang Bedeu- tung, den das Kunstwerk in der Sicht des Betrachtenden ergibt. Zugleich weist der Film permanent darauf hin, dass das Kunstwerk in der jeweiligen Interpretation nicht aufgeht. Oder: dass zumin- dest die potenzielle Signifikanz der Elemente, aus denen das Werk besteht, sich nicht im jeweils hergestellten Bedeutungszusam- menhang erschöpft ... Das Boot ist als Signifikant wirksam und es hat die Form eines Phallus – und es ist doch auch keiner. Es ist ja bloß ein geradezu zierliches Holzgerüst, in einen Schleier von Taft gehüllt. Welche Bedeutung hat aber Taft, wenn nicht an erster Stelle diese, den Frauenkörper für den Männerblick zu umschmeicheln? Muss die Funktion des U-Boots also vielmehr darin gesehen werden, die Position der Frau im Symbolischen anzuzeigen, die Stelle, an der der Phallus nur als Mangel existiert? Der Phallus verschwindet über den Schleier ge- rade nicht aus der Installation.
Im Seminar über die Objektbeziehung erklärt Lacan die Funktion des Schleiers im Zusammenhang mit dem Fetischismus, also einer besonders intensiven Beziehung des Subjekts zu einem Objekt; einem Objekt, in dem Lacan die Funktion des Schleiers erkennt. Der Schleier verhüllt, würde es herkömmlicherweise heißen. Bei La- can heißt es: der Schleier zeigt. Was sich im Schleier materialisiert ist das, was ein Objekt zu etwas Wertvollem macht. Das Wertvolle des Objektes wohnt diesem nicht inne, sondern befindet sich jenseits von ihm. Das ist das, was man nie mit bekommt, wenn man das Objekt bekommt. Oder zumindest ist es das, was nicht bei einem bleibt. Das Begehrenerzeugende, der reine Signifikant, der Signifizierer, Phallus. Er haftet am Objekt, ist in ihm aber nur als Abwesenheit anwesend. Die Idee, die Lacan nun entwickelt, be- zieht ihre Plausibilität aus der unbestreitbaren Attraktivität des Verschleierten. Er meint, dass sich auf dem »Schleier die Abwe- senheit projiziert und imaginiert«. Im Schleier materialisiert sich, in ihm »idolisiert der Mensch sein Gefühl dieses Nichts, das jen- seits des Lustobjekts liegt. (...) Man kann ... sagen, daß mit der Anwesenheit des Vorhangs sich das, was als Mangel jenseits liegt, als Bild zu realisieren tendiert. Auf dem Schleier zeichnet sich die Abwesenheit ab«. 1 Der Schleier ist demnach das Material, von dem aus der Phallus Effekte zeitigt. Er ist jedoch auch die sichtbare Grenze, an der dessen Macht zerschellt. Das mit Taft bekleidete, ein U-Boot vorstellende Holzgerüst macht offenbar, dass es den Phallus nur insofern gibt, als er Wirkung entfaltet. An sich wohnt der Phallus nichts inne. Aber in der Dimension des Symbolischen, im Rahmen einer symbolischen Ordnung, symbolischen
Zusammenhängen, besitzt er Macht. Das heißt, es ist ein gewisser Glaube nötig, damit es Bedeutung gibt.
Life as a Woman handelt davon, wie Bedeutung hervorgebracht wird. Wie kommt es zur Bedeutung? Indem eine Beziehung ent- standen ist. Die Dinge haben Bedeutung, wenn man an sie glaubt. Nennen wir die Beziehung ein bißchen hoch gegriffen Liebe. Und wie kommt es zur Liebe? Nach Hesiod kommt im Altertum die Göttin der Liebe, Aphrodite beziehungsweise Venus, zu Stande, um die Welt zu begründen: ihr Auftreten ist gebunden an das Ende einer mehrfach inzestuösen Situation, einem Familienknäuel im schlimmsten Sinn. Die deren Überwindung mit sich bringende Einrichtung der symbolischen Ordnung, die das Begehren entlang von Regeln und Gesetzen hervorbringt, erfolgt durch einen Be- freiungsschlag, der die Liebe als DEN Begehrensstifter selbst her- vorbringt. Gaia lässt einen der Söhne dem Vater, Uranus, den Penis abschneiden. Er wirft das Geschlechtsteil des Vaters ins Meer, woraufhin das passiert: »... ein weißer Schaum quoll rings um das göttliche Glied empor; doch inmitten wuchs eine Jungfrau.« Die schaumgeborene Aphrodite. Fortan fährt sie auf den Wellen und zeigt das In-Liebe-Fallen an; wo sie ist, haben die Dinge Bedeutung, weil man ihnen verbunden ist: weil für das Subjekt der Liebesbeziehung alles mit Sinn erfüllt ist. Wie mit einer Welle führt die Liebe die Bedeutung mit sich.
Diese Konstellation vom Anfang des Bedeutungschaffens findet sich in Meliáns Installation wieder. Die Elemente sind: ein als Phal- lus überführter, kenntlich gemachter Phallus (und was ist Uranus’ abgeschnittenes Glied anderes als dies: das Glied, das nicht ein einfaches Körperteil, sondern den symbolischen Phallus vor- stellt?!), die glatte See, die in der Form der Projektion sozusagen Wellen zu schlagen beginnt an dem Ort, wo das Bild von Hedy Lamarr entsteht, Venus aus dem Wasser auftaucht und damit in Erscheinung und Funktion tritt. Meliáns Arbeit hat Signifikanten wesentlicher Aspekte der Biografie Hedy Lamarrs zum Dreh- und
Angelpunkt. Von diesem Punkt her, den ich oben als Dreieck beschrieben habe, lässt sich diese eine Lebensgeschichte erzählen. Aber die Signifikanz seiner Elemente reicht weiter. Vom Punkt ihrer wechselseitigen Bezugnahme aus lässt sich die Entstehung des Begehrens selbst vorstellen und sagen. Das habe ich hier versucht. Nicht übersehen darf man, dass über die notwendige Beziehung der drei wesentlichen Signifikanten (U-Boot, Film, Projektion) aufeinander, die möglichen, vom reichen Konnotationsgehalt der Signifikanten angeregten Interpretationen immer vergleichbar bleiben. Diese können selbst zueinander in Beziehung gesetzt werden. So zeigt sich beispielsweise auch in der ganz konkreten Lebensgeschichte Lamarrs die Wirksamkeit des Signifikanten U- Boot, ist doch auch Hedy Lamarr mit ihrer Erfindung als Pionierin und Patentinhaberin neuer Bedeutung und Sichtbarkeit zugeführt worden.
1 Jacques Lacan (1994), Le séminaire, Livre IV: La relation d’objet, Paris: Seuil, 1994, S. 155, zitiert nach der unveröffentlichten Über- setzung von Gerhard Schmitz.
2 Zitiert nach den 1994 beim Aufbau-Verlag, Berlin, in der Über- setzung von Luise und Klaus Hollof erschienen gesammelten Wer- ken.
Der Leopard II ist ein Kampfpanzer aus deutscher Produktion. Er wird seit 1979 in Serie gebaut. In der langen Produktionszeit entstanden diverse optionale Nachrüstmöglichkeiten und Spezifikationen für ausländische Abnehmer. Deshalb gibt es eine Vielzahl von Varianten des Leopard II. Im Winter 1999/2000 sorgte die beabsichtigte Lieferung von 1.000 Leopard II-Panzern an die Türkei für eine rot-grüne Regierungskrise. Der Leopard 2-Panzer war ursprünglich als Rückgrat gepanzerter Streitkräfte und zur Abwehr gegnerischer Panzerverbände vorgesehen. In der Folge des Kosovokrieges kam er erstmals bei KFOR zum Einsatz. Die NATO-Länder Dänemark und Kanada setzten den Leopard II im ISAF-Einsatz in Afghanistan ein.
Links
CV
Einzelausstellungen (Auswahl)
2024
Ulrichsschuppen, Galerie K’, Bremen
2022
Red Threads, KINDL, Zentrum für zeitgenössische Kunst, Berlin
2021
aufheben, Burg Hülshoff, Center for Literature, Havixbeck bei Münster
Memory Loops, permanente Installation, NS-Dokumentationszentrum München
2020
Chant du Nix, Kunstverein Harburger Bahnhof, Hamburg
2019
reiheM - Konzertreihe für Gegenwartsmusik, Elektronik und neue Medien, Kölnischer Kunstverein, Köln
2018
Music from a Frontier Town, Public Art München
2016
Electric Ladyland, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München
2014
In a Mist, Badischer Kunstverein Karlsruhe
2013
Hausmusik, Galerie K', Bremen
2012
Lunapark, Barbara Gross Galerie, München
2011
Michaela Melián. Kunstpreis der Stadt Nordhorn 2011, Städtische Galerie Nordhorn
2009
SPEICHER, Lentos Kunstmuseum Linz, Österreich
Ludlow 38 , Kunstverein München, München, Deutschland, Goethe Institut New York, NY, USA
2008
SPEICHER, Cubitt Gallery, London, UK
SPEICHER, Museum Ulm
2006
Föhrenwald, Kunstraum München, Kunstwerke Berlin
Föhrenwald, Grazer Kunstverein, Österreich
2005
Föhrenwald, Kunstraum München, Bayerischer Rundfunk Hörspiel/Medienkunst, München
2004
Verkehr, Kunstverein Langenhagen
LockePistoleKreuz, Kunstverein Langenhagen
2003
Straße, Barbara Gross Galerie, München
Panorama, Galerie im Taxispalais, Innsbruck, Österreich
2002
Ignaz Guenther House, Artothek München, München
Triangel, Kunstverein Springhornhof, Neuenkirchen
2001
Moda y desesperación, Goethe-Institut Madrid, Spanien
1999
HysterikerIn/Automobil, Barbara Gross Galerie, München
HysterikerIn, Städtische Ausstellungshalle am Haverkamp, Münster
convention, The Better Days Project, Hamburg
1998
Bertha, Heart Galerie Mannheim
1997
Bikini, Kunstverein Ulm
1996
Galerie Francesca Pia, Bern, Schweiz
1995
Michaela Meliàn, Kunsthalle Baden-Baden
Tomboy, Barbara Gross Galerie, München
1992
Galerie Francesca Pia, Bern, Schweiz
Artothek Munich
Tanja, Barbara Gross Galerie, München
1989
Barbara Gross Galerie, München
Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)
2018
I'm a Believer, Lenbachhaus, München
Ambitus. Kunst und Musik heute, Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Magdeburg
Deutschland ist keine Insel. Contemporary Art Collection of the Federal Republik of Germany, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn
Bouncing in the corner. Die Vermessung des Raums, Hamburger Kunsthalle
2015
Geh und spiel mit dem Riesen! Kindheit, Emanzipation und Kritik, Museum Villa Stuck, München
Vot Ken You Mach?, MWW, Muzeum Wspolczesne, Wroclaw, Polen
Geniale Dilletanten, Haus der Kunst, München
J'adore, Kunsthalle Lingen
2014
A House of Passive Noise, Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal
Krankheit als Metapher, Kunsthaus und Kampnagel, Hamburg
Lichtwark revisited, Kunsthalle Hamburg
Gestern die Stadt von Morgen, Urbane Künste Ruhr, Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr
HEIMWEH, STORE CONTEMPORARY, STORE, Dresden
P L A Y T I M E, Lenbachhaus, München
Radikales Denken, Münchner Kammerspiele, München
WAS WIR ZEIGEN WOLLEN, Kunstverein Heideberg
2013
Auf Zeit. Was hinter dem Putz steckt, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden
Etwas Eigenes, Barbara Gross Galerie, München
12. Triennale der Kleinplastik, Fellbach
Soundpassagen, Lentos Kunstmuseum Linz, Österreich
2012
The F-Word, Shedhalle Zürich, Schweiz
Ändere dich, Situation!, Stadtgalerie Schwaz, Österreich
Susanne M. Winterling: Vertigo / AYE dunkelblau, PARROTTA CONTEMPORARY ART, Stuttgart
30 Künstler / 30 Räume, Neues Museum Nürnberg
The Sound of Downloading Makes Me Want To Upload, Sprengel Museum Hannover
2011
ANFANG GUT. ALLES GUT, Kunsthaus Bregenz, Schweiz
CAR CUKTURE, Lentos Kunstmuseum, Linz, Österreich
2010
Home Less Home, Contemporary Art Museum on the Seam, Jerusalem, Israel
2009
Made in Munich, Haus der Kunst, München
2008
Recollecting. Raub und Restitution, MAK - Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, Wien, Österreich
Art on Air - Radiokunst im Wandel, Neues Museum Weserburg Bremen, Bremen
2007
Meerspraak I - Multispeak I, Witte Zaal, Gent, Belgien
Fehler #6, Jet, Berlin
Non-Art collection, Kunstverein Hannover
För hitz ond brand, Zeitgenössische Kunst im Appenzellerland, Schweiz
TALK/SHOW, tranzit dielne, Bratislava, Slovakei
Es ist schwer das Reale zu berühren, Grazer Kunstverein, Österreich
2006
Das Achte Feld. Geschlechter, Leben und Begehren in der Kunst seit 1960, Museum Ludwig, Köln
Von der Abwesenheit des Lagers, Kunsthaus Dresden
2005
Ongoing Feminism & Activism, Galerie 5020, Salzburg, Österreich
Überreichweiten, Motorenhalle Dresden
Tatort und Phantombild, Cinestar Weimar
Bltanski, Ganahl, Melián, Börnegalerie, Frankfurt am Main
2004
Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF Ausstellung, Kunstwerke, Berlin
Neue Galerie im Landesmuseum Joanneum, Graz, Österreich
Common Property/Allgemeingut, 6. Werkleitz Biennale, Halle/Saale
Arno Schmidt, Vier mal Vier, Fotografien aus Bargfeld, Ulmer Musum, Ulm
Atelier Europa: Ein kleines postfordistisches Drama, Kunstverein München
Gegen den Strich. Neue Formen der Zeichnung, Kunsthalle Baden-Baden
Arbeiten auf Papier, Sprüth Magers Projekte, München
NEURO, Make-World-Konferenz, München
2003
Momente in der Schwebe, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK), Berlin
Lieber zuviel als zu wenig, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK), Berlin
Analog/digital, Hyper Kult 12, Universität Lüneburg
now and forever, Luitpoldblock, München
Griffelkunst, Griffelkunst-Vereinigung Hamburg
2002
Import/Export, Villa Arson, Nice, Frankreich
Intermedium, ZKM Karlsruhe
Die zweite Haut, Museum Bellerive, Zürich, Schweiz
Cardinales, Museo de Arte Contemporánea de Vigo, Spanien
2001
Musdienu Utopija -Contemporary Utopia, Latvian Centre for Contemporary Art/ Arsenals, Riga, Lettland
Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen, Kunsthalle Bremen
Ich bin mein Auto, Kunsthalle Baden-Baden
CTRL (SPACE), ZKM Karlsruhe, Deutschland
Die zweite Haut, Museum Evelyn Ortner, Meran
2000
Die verletzte Diva, Galerie im Taxispalais, Innsbruck, Österreich
Produktivität und Existenz, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
Politeia, Aspekte Galerie Gasteig, München
Essensbilder, Manzini Mitte, Berlin und Galerie Dörrie*Priess, Hamburg
The Biggest Games in Town, Lothringer 13, Munich
Import/Export, Kunstverein Salzburg, Österreich
Import/Export, Museum voor Moderne Kunst, Arnhem, Dänemark
1999
Dreamcity, Kunstverein, Kunstraum, Villa Stuck, München
Borderline, Museum van Bommel van Dam, Venlo, Niederlande
1998
Das rote Zimmer, Galerie Francesca Pia, Bern, Schweiz
Von hier aus, Barbara Gross Galerie, München
%, Galerie Inga Kondeyne, Galerie Rainer Borgemeister, Berlin
Circuitos d’ Água, Museu de Eectricidade, Lissabon, Portugal
Fleeting Portraits / Flüchtige Porträts, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst Berlin
1997
Bridge/The map is not the territory, Projekt der Arbeitsgemeinschaft Fleetinsel auf dem Fleetmarkt, Hamburg
1996
Deutscher Kunstpreis der Volksbanken und Raiffeisenbanken, Kunstmuseum Bonn
Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden
Pinakothek der Moderne, Staatsgalerie Moderner Kunst, München
Orte des Möglichen, Hypobank International S.A., Luxembourg,Achenbach Kunsthandel, Düsseldorf
1994
Scharf im Schauen, Haus der Kunst, München
1993
Die Arena des Privaten, Kunstverein München
Utopische Kunst/Künstliche Utopie, Verein Kunst Werk, Friedrichshof, Österreich
Preise und Auszeichnungen (Auswahl)
2019
Rolandpreis für Kunst im öffentlichen Raum
2018
Edwin-Scharff-Preis
2012
Grimme Online Award SPEZIAL für Memory Loops 2011 Kunstpreis der Stadt Nordhorn
2010
Kunstpreis der Stadt München
Hörspiel für Memory Loops - 300 Tonspuren zu Orten des NS-Terrors in München 1933-1945 2009 Hörspiel des Jahres der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste
2008
Speicher - Hörspiel des Monats Januar 2008 im Bayerischen Rundfunk
2006
Hörspielpreis der Kriegsblinden für Föhrenwald
1996
Bayerischer Staatsförderpreis für Bildende Kunst
1995
Förderpreis zum Internationalen Preis für Bildende Kunst des Landes Baden-Württemberg 1995 1994 Förderpreis für Bildende Kunst der Landeshauptstadt München
1993
Förderung Hochschulprogramm II für Künstlerinnen
Werkstipendium des Kunstfonds Bonn, Germany
1984
DAAD-Stipendium, London, UK
Diskografie
2022
Tania | LP
2018
Music From A Frontier Town | CD + LP | Martin Hossbach, Berlin
2016
Speicher | CD | intermedium records, München
Electric Ladyland | CD + LP | Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München
2013
Monaco | CD + LP | Monika Enterprise, Berlin
2007
Los Angeles | CD + LP | Monika Enterprise, Berlin
Convention Manifesto | LP, Monika Enterprise, Berlin
2006
Föhrenwald | CD | intermedium records, München
2004
Baden-Baden | CD + Doppel-LP | Monika Enterprise, Berlin
2003
Locke Pistole Kreuz | Mini CD